Gilles Marchand

Algorithmen, Politik und Medien

Im Rahmen des Festivals Visions du réel – wo die SRG Medienpartnerin ist – fand eine interessante Podiumsdiskussion statt, an der Simone de Montmollin (Nationalrätin FDP), der Autor Guiliano da Empoli und ich teilgenommen haben. Moderiert hat die Veranstaltung die Journalistin Romaine Jean. Wir hatten Gelegenheit, die Rolle der sozialen Netzwerke, ihre Auswirkungen auf die Politik und die Verantwortung der Medien zu diskutieren.

 

Algorithmen, Politik und Medien

Da Empoli, Autor von „Der Magier im Kreml“ (C.H.Beck), hat die Machtübernahme von Wladimir Putin in einem spannenden Roman geschildert, der die Funktionsweise der russischen Staatsmaschinerie in dieser Zeit perfekt beschreibt.

Wir waren jedoch in Nyon, um über ein anderes Buch zu sprechen. Ein Essay, „Ingenieure des Chaos“ (Blessing), der sich mit einem gefürchteten Cocktail befasst, dem der Autor folgenden Namen gibt: Wut und Algorithmen.

Mit anderen Worten: Die Gesellschaft wird zersplittert und individualisiert, persönliche Ansprüche werden immer lauter, verbreiten sich endlos und ungefiltert über soziale Netzwerke und werden von (Chaos-)Ingenieuren sorgfältig analysiert, die dann sehr gezielte Botschaften versenden, die in der Lage sind, den Kern ihrer Zielgruppen zu treffen und deren Wahlverhalten zu lenken. Dazu haben die Ingenieure ausgeklügelte Mechanismen entwickelt, die auf der Verarbeitung von Daten basieren. Und so kam es zum Beispiel dazu, dass sich der «Brexit» durchsetzen oder die Fünf-Sterne-Bewegung und Donald Trump gewinnen konnte.

Und so kommt es auch, dass diese Algorithmen in geschickten Händen schwarze Wolken über der Demokratie in Europa und der ganzen Welt aufziehen lassen.

Die nächste Frage betrifft die Rolle der Medien und ihre Fähigkeit, dieser beunruhigenden Entwicklung entgegenzuwirken, soziale Bindungen aufrechtzuerhalten, politische Themen zu behandeln und zu einer gesunden Demokratie beizutragen.

Ein kontroverses Thema. Und es stimmt, dass die zunehmend prekäre wirtschaftliche Lage, in der sich sowohl die öffentlichen als auch die privaten Medien befinden, die Dinge nicht einfacher macht.

Die Legitimität der Medien, die heute in Frage gestellt wird, beruht zu einem guten Teil auf ihrer Fähigkeit, unabhängige und ausgewogene Informationen zu liefern, einen Raum für nützliche öffentliche Debatten zu bieten und eine kulturelle Produktion zu verbreiten, die in der Lage ist, ein gemeinsames anzubieten.

Das bedeutet, dass wir gegen die neue „Aufmerksamkeitsökonomie“ ankämpfen müssen, die auf Clash und Emotionen setzt und sich der Illusion hingibt, dass man auf diese Weise die Quoten im Zaum halten kann, wie den Sand in einer locker gedrückten Hand.

Es ist besser, sich umgehend um das junge Publikum zu kümmern und ihm zu vermitteln, wie man sich in der digitalen Welt bewegt, in der es immer schwieriger wird, zwischen wahr und unwahr zu unterscheiden.

Es ist auch besser, alles daran zu setzen, um offene, aber sichere „virtuelle Dorfplätze“ wieder herzustellen, auf denen man sich kontradiktorisch, korrekt, dokumentiert und konstruktiv austauschen kann.

Das stand also auf dem Menü dieser sehr interessanten Diskussion… Fortsetzung folgt! Vielen Dank an „Visions du Réel“ und seinen Präsidenten Raymond Loretan, dass sie diese Initiative ergriffen haben.

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert