Gilles Marchand

Der Föderalismus wird in den Programmen der SRG gelebt!

Für die SRG ist Föderalismus einer der Grundpfeiler der Schweiz. In einem kürzlich veröffentlichten gemeinsamen Kommentar der Berner und Genfer Staatsräte Christoph Neuhaus und Antonio Hodgers wird der SRG allerdings vorgeworfen, die Vielfalt unseres Landes nicht mehr zu respektieren. Die beiden Regierungsvertreter ziehen eine Parallele zum Circus Knie, der von einer Stadt zur nächsten zieht und sie kritisieren die Bündelung von Produktionsstandorten durch die SRG zugunsten des Service public.

Diesen Befürchtungen liegt ein Missverständnis zugrunde: Der Föderalismus ist primär eine Frage von Programminhalten, der Haltung und der Machart – weniger eine Frage von Bürostandorten. Für die SRG geht es bei der Achtung der Vielfalt nicht nur um die belegten Flächen und Büroräumlichkeiten im Lande. Föderalismus bedeutet vor allem auch, in vier Sprachen zu arbeiten, sich für alle Kantone zu interessieren und im ganzen Land präsent zu sein. Mit anderen Worten: Der Föderalismus kommt wesentlich mehr in den Programmen zum Ausdruck, die allen Menschen in unserem Land angeboten werden, als in Produktionsstandorten. In diesem Sinne ist das herbeigezogene Bild eines Zirkus besonders aufschlussreich: Während der Kontakt zu den Künstlern direkt und physisch ist, können Radio- und Fernsehprogramme nur über ein Medium konsumiert werden. Das steht einer engen Zusammenarbeit aber nicht im Wege: Viktor Giacobbo und Mike Müller sowie die beiden Vincents der Westschweizer Sendungen «26 minutes» und «120 minutes», die sowohl im Radio wie im Fernsehen zu finden sind, nehmen nächstes Jahr an der Knie-Zirkustour teil.

Zudem wird die SRG weiterhin in Genf, Lausanne, Bern, Zürich, Basel, Chur und Lugano sowie in vielen weiteren Kantonen ansässig sein. Sie bleibt sehr dezentral aufgestellt. Jedoch steht die SRG, wie auch beide Politiker anerkennen, vor grossen Herausforderungen. Der digitale Wandel, der internationale Wettbewerb, sinkende Werbeeinnahmen und tiefere Gebühren zwingen die SRG zur Reform. Angesichts ihres rückläufigen Budgets hat das Unternehmen entschieden, bei den Fixkosten anzusetzen – und das Programm und die Arbeitsplätze möglichst zu schonen. Dabei stellt sich die Frage, ob die SRG angesichts dieser neuen Rahmenbedingungen aufgefordert werden kann, ihre Kosten bei steigenden Anforderungen an ihre Leistungen zu senken, während sie gleichzeitig daran gehindert wird, ihre Immobilien und ihre Infrastruktur so effektiv wie möglich zu organisieren.

Die SRG übernimmt in einem schwierigen Umfeld Verantwortung. Sie wird mehr Journalisten regional vor Ort einsetzen. Dabei wird in Bern das Kompetenzzentrum für politische Berichterstattung sowie auch Swissinfo für die «fünfte Schweiz» weiter gestärkt. Weiter wird SRF die Inland-Redaktion mit mehr Journalisten in der Hauptstadt verstärken. Auch wird die Einrichtung eines mehrsprachigen Redaktionsteams ermöglichen, dass man sich mit übergeordneten Themen wie Integration und Kohäsion befassen kann. Schliesslich wird die SRG aus Bern ihre neue digitale Plattform entwickeln, welche ihre Inhalte in allen Landessprachen anbieten wird. Auch in Genf wird eine starke Präsenz beibehalten – und die SRG prüft weitere Investitionen im digitalen Bereich und im Bereich der internationalen Berichterstattung.
Mit diesen Reformen können mehrere hundert SRG-Arbeitsplätze in Bern und Genf erhalten werden.

Die Welt verändert sich. Auch der Circus Knie hat keine Elefanten mehr. Überall verschmelzen die beruflichen Profile von Radio und Fernsehen, insbesondere im Bereich der Information. Diese Konvergenz zu verhindern, wäre etwa so illusorisch, wie das Internet verbieten zu wollen. Die alten Radio- und Fernsehstandorte aus den Sechzigerjahren heute im Gesetz fixieren zu wollen, wäre wie wenn man Filmemachern Drehorte vorschreiben würde. Nur wer den Serivce public schwächen möchte, würde die SRG auf diese Weise zum Stillstand verurteilen.

Die SRG bleibt auch weiterhin ihren Kernaufgaben treu: im Dienste der Schweiz zu stehen, ihre Vielfalt abzubilden, aber auch ihren Zusammenhalt zu stärken. Die SRG wird im kommenden Jahr ein grosses Projekt lancieren, um das 100-jährige Bestehen des Circus Knie zu feiern: Mit einer Hommage an die Gründerfamilie, mit Beiträgen aus ihren qualitativ hochwertigen Archiven, mit Regionalberichten, mit einem Spiel- sowie einem Dokumentarfilm wird sie versuchen, die Schweizerinnen und Schweizer mit einer gemeinsamen Geschichte zu verbinden. Wir sehen uns im November auf allen Kanälen der SRG!

Gilles Marchand,
Generaldirektor SRG SSR

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert