Gilles Marchand

Eine Initiative der Westschweiz bei der technologischen Innovation im Medienbereich

Die digitale Gesellschaft bringt für alle Medien einen tiefgreifenden Wandel mit sich – eine Meinung, die viele teilen. Aber nicht nur die Produktion und der Vertrieb befinden sich im Wandel, sondern auch die Beziehung mit dem Publikum selbst: Partizipative Modelle drängen auf den Markt, bei denen das Publikum selber auswählt, was es entdecken will, mit dem Medium interagiert, den Produktionsablauf beeinflusst und jeglicher autoritärer Haltung der Medien entgegentritt. Alle diese Trends erfassen Radio, Fernsehen und die Printmedien gleichermassen.

RTS im Auge des (digitalen) Sturms

RTS will diesen Sturm nicht einfach über sich ergehen lassen, sondern die Zügel selbst in die Hand nehmen, da unsere Raison d’être, unser öffentlicher Auftrag, darauf beruhen, dass wir sämtliche Zielgruppen in allen Interessenbereichen über alle Mediengattungen hinweg erreichen. Wir sehen unseren Auftrag auch darin, unserem Land in diesem digitalen Sturm zur Seite zu stehen.

Zunächst zur Information: Wir zeigen, was sich effektiv abspielt. Dann zum Dialog: Wir beantworten Fragen und sind offen für die aktive Beteiligung unseres Publikums. Und schliesslich wenden wir natürlich auch auf diesen neuen digitalen Gebieten dieselben Berufs- und Standesregeln an, die auch für herkömmliche Medien gelten. Mit andern Worten: Eine gewisse Neutralität gegenüber allen Mediengattungen ist gefragt. Zu diesem Zweck entwickeln wir innovative Partnerschaften, in erster Linie mit Hochschulen und Universitäten. Zwischen dem audiovisuellen Service public und den Universitäten besteht eine enge Verwandtschaft, sowohl was die Ausrichtung als auch die Funktionsweise angeht.

In der Westschweiz hat RTS im Lauf der Jahre eine strategische Partnerschaft mit den Universitäten des «Triangle Azur» aufgebaut: der Universitäten Genf, Lausanne und Neuenburg. Die Plattform «TSR découverte» nennt sich heute zwar «RTS découverte», stammt aber aus dem Jahr 2005. Eine zweite Plattform mit dem Titel «Avis d’Experts» ergänzt sie. Hier finden sich Beiträge von 1700 Wissenschafterinnen und Wissenschaftern zu unserem Angebot an Radio- und Fernsehsendungen in Form von nahezu 5000 verlinkten Ton- und Videoaufnahmen. Nicht nur im Bereich der Informationsvermittlung, sondern auch im Infrastrukturbereich arbeiten wir zusammen. Der Genfer Standort von RTS liegt mitten in einem urbanen Campus. Wir teilen uns sogar mit den Umweltwissenschaftern der Universität Genf ein und dasselbe Gebäude. Und in Lausanne werden wir unsere Studios von La Sallaz auf den Campus der ETH Lausanne verlegen, das heisst zugleich auch ganz in die Nähe der Universität Lausanne.

Weshalb wir umziehen? Weil die ETH Lausanne genau wie RTS zu den Protagonisten der digitalen Revolution in der Westschweiz gehört, weil unsere beiden Institutionen dafür verantwortlich sind, die Gesellschaft bei dieser Entwicklung zu begleiten – wenn auch in unterschiedlichen Rollen. Weil unsere beiden öffentlichen Institutionen zur landes- und weltweiten Ausstrahlung, Wahrnehmung und Reputation der Westschweiz beitragen. Und nicht zuletzt, weil unsere beiden Institutionen direkt oder indirekt in das Ökosystem der französischsprachigen Schweiz eingebunden sind.

Unsere zukünftigen Projekte bei RTS: «Notre Histoire» und «Initiative Media»

Neben den Infrastrukturanpassungen arbeiten wir auch an Projekten in verschiedenen anderen Bereichen: An erster Stelle ist unser Projekt zur Nutzung und Aufwertung unserer Archive zu nennen. Hierbei geht es um die Plattform «Notre Histoire», die dem Publikum eine Schnittstelle für die persönlichen Archive und die Archive von RTS (Radio und Fernsehen) bietet und zudem die Nutzung der Archive unserer Partner, der Printmedien Le Temps, L’Hebdo und L‘Illustré, sowie anderer Bestände (vor allem aus kantonalen Archiven) ermöglicht. Hier lässt sich eine Art «aktives Gedächtnis» für die Westschweiz aufbauen, das sich auf Dokumente aus öffentlichen und privaten Quellen stützt. Zweifelsohne werden das umfassende Know-how der ETH Lausanne im Bereich der digitalen Geisteswissenschaften und das ebenso umfassende Fachwissen der Universität Lausanne im Bereich audiovisuelle Geschichte diese in ihrer Art einmalige Erbgutmatrix erweitern und bereichern. Die Plattform «Notre Histoire» steht selbstverständlich allen potenziellen Partnerinnen und Partnern offen, die sich für sie interessieren. Zudem zeichnet sich im Bereich der MOOCS (Massive Open Online Courses, offene Massen-Online-Kurse) eine weitere Zusammenarbeit ab. Die ETH Lausanne zählt zu den Pionieren auf diesem Gebiet. RTS verfügt über grosses Know-how in der audiovisuellen Aufbereitung und Darstellung. Wenn sich diese beiden Institutionen auch technisch vernetzen, können daraus effiziente Partnerschaftsmodelle entstehen.

An dieser Stelle ist auch das Grossprojekt unter dem Titel «Initiative Media» zu nennen. Hierbei handelt es sich um ein Inkubatorprojekt, bei dem es darum geht, im Herzen des Campus ein Kompetenzzentrum für Medieninnovation aufzubauen. Geplant ist eine Art offenes «Media Valley», da in unserer Region sowohl im audiovisuellen Bereich als auch im Printbereich nicht wenige innovative Medienakteure vertreten sind. Hier finden sich Laboratorien, international anerkannte Forscherinnen und Forscher, Unternehmerinnen und Unternehmer und nicht zuletzt ein Publikum, das Innovationen sowie neuen Mediendienstleistungen und -erfahrungen sehr offen gegenübersteht. Derzeit befindet sich der geplante Medieninkubator in der Projektphase. Er soll allen offen stehen, die sich in dieses Projekt einbringen möchten. Schliesslich sind wir der gemeinsamen Überzeugung, dass es in diesem Teil der Schweiz ein Netzwerk von Kompetenzen und Energien gibt, die der Innovation besonders förderlich sind.

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