Onlinenachrichten in der Schweiz: Nun ist die Faktenlage klar!
Nichts lässt darauf schliessen, dass die Onlineangebote des Service public einen direkten Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg der privaten Medien haben. Nachdem das in Skandinavien bereits aus einer grossangelegten Studie der norwegischen Aufsichtsbehörde über das öffentliche Medienhaus NRK hervorging, hat die Universität Zürich nun die Situation in der Schweiz untersucht. Was zeigt diese kürzlich veröffentlichte Studie?
Die Nutzerinnen und Nutzer der SRG-Plattformen konsumieren häufiger auch andere Online-Informationsangebote als Menschen, die keinen Bezug zum medialen Service public haben. Konkret bedeutet das, dass der Appetit auf Informationen steigt, je mehr qualitativ hochwertige Angebote vorhanden sind. Einen ersten Hinweis darauf lieferte bereits die Studie aus Norwegen. Nun bestätigt jene der Universität Zürich, dass dem auch in der Schweiz so ist.
Weiter zeigt sie, dass die Nutzung der digitalen Informationsangebote der SRG keinen Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft für Nachrichten im Onlinebereich hat. Auch hier bestätigen die Schweizer Ergebnisse eine bereits existierende, in 28 europäischen Ländern durchgeführte Untersuchung.
Kritische Stimmen hinterfragen die Methode und die Glaubwürdigkeit der neu erschienenen Studie der Universität Zürich – und das ist ihr gutes Recht. Jedoch ist es eine Tatsache, dass der Service public weder das Problem noch die Rettung der privaten Medien ist.
Eine Schwächung der SRG und ihre weitere Einschränkung im Onlinebereich würde den privaten Medien nicht helfen. Sehr wahrscheinlich würden nämlich nicht sie, sondern internationale Plattformen, allen voran die amerikanischen, davon profitieren. Einen Vorgeschmack darauf gibt die aktuelle Situation im Bereich der Werbung. Der Service public darf bekanntlich keine Werbeplätze auf seinen Onlineplattformen verkaufen. Und wer profitiert von diesem Verbot? Nicht der Schweizer Markt, sondern die grossen internationalen Plattformen, in erster Linie Youtube. Davon zeugen die Zahlen zur Verlagerung der Werbeausgaben in den digitalen Raum.
«Ginge es uns besser, wenn es die SRG nicht gäbe?»
Manche denken sich nun: «Das mag ja alles stimmen, aber würde es uns nicht nutzen, wenn es die SRG nicht mehr gäbe oder sie im Onlinebereich nicht mehr aktiv sein dürfte?» Nun, davon darf man nicht einfach so ausgehen. Heutzutage, in unserer stark vernetzten Welt mit ihrer extremen Dichte an Medienangeboten, kann man dem Publikum nicht vorschreiben, welches Angebot es zu nutzen hat. Die Nutzerinnen und Nutzer müssen Lust darauf haben, eine bestimmte Plattform zu nutzen. Sie müssen es selbst wollen und einen Mehrwert darin erkennen können. Wie manche zu Recht bemerken, lässt sich die Mediennutzungszeit nicht unendlich dehnen. Es ist ein Trugschluss, dass das Publikum automatisch mehr Zeit für die Angebote der Schweizer Privatmedien aufwenden würde, wenn es massiv weniger lang auf den Onlineplattformen der SRG verweilen würde. Viel eher würde sich die Zeit, die beispielsweise auf internationalen Streaming-Plattformen verbracht wird, vervielfachen. Die Lösung für die Schweizer Privatmedien liegt also woanders.
Zwist aus früheren Zeiten
Es wäre klug, die alten Reibereien zwischen öffentlichen und privaten Medien ad acta zu legen und wieder ein gutes Verhältnis aufzubauen, um sich gemeinsam auf die Suche nach wirksamen Massnahmen gegen die steigende Konkurrenz von allen Seiten zu konzentrieren. Verbote sind nicht zielführend. Vielmehr geht es darum, Mehrwert zu schaffen. Zunächst natürlich im Bereich der Inhalte: Die Verankerung der Produkte in der Gesellschaft, die Fähigkeit, gemeinsam dazu beizutragen, dass fruchtbare Debatten geführt werden, und die Verbreitung von soliden, geprüften Informationen sind der Schlüssel dazu, das Publikum wieder und weiterhin anzusprechen.
Und was das Kommerzielle betrifft: Warum nicht neue, innovative Wege beschreiten? Eine Idee wäre die gemeinsame Vermarktung gewisser Onlinerepertoires, zum Beispiel in den Bereichen Sport und Fiktion. Ein gebündeltes Schweizer Angebot auf dem Onlinewerbemarkt hätte sicherlich das Potenzial, den stetigen Abfluss von Werbeeinnahmen zu internationalen Plattformen, die ihre Gewinne nicht in Schweizer Produktionen reinvestieren, ein wenig zu bremsen.
Die Zeit drängt!
Ein schnelles Zusammenraufen ist umso wichtiger, da wir dringend handeln müssen. Gemäss des Länderberichts Schweiz aus einer internationalen Studie von Reuters geben nur 41 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer an, dass sie den Medien vertrauen. Glücklicherweise liegt das Vertrauen in die grossen Zeitungen noch darüber, nämlich bei 60 Prozent. Dem Service public der SRG vertrauen sogar über 70 Prozent der Bevölkerung. Die Studie von 2024 zeigt auch einen Negativtrend bei der Wahrnehmung der Qualität der Schweizer Medien. Umso stärker nimmt dafür der Social-Media-Konsum zu: 45,7 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer informieren sich hauptsächlich über die sozialen Medien. Eine weitere Problematik ist die zunehmende Konzentration der Medienlandschaft, die mit einer schwindenden Vielfalt einhergeht. Dieses Phänomen wird zweifellos durch die zunehmende Verwendung von Übersetzungen deutschsprachiger Artikel ins Französische verstärkt. Und als wäre das noch nicht genug, steht die Bevölkerung dem vermehrten Einsatz von künstlicher Intelligenz in den Schweizer Medien zu Recht skeptisch gegenüber.
Anstatt verzweifelt auf Einschränkungen oder gar Verbote für den Service public zu setzen, sollten wir nun wirklich versuchen, die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Medien zu intensivieren. Das ist denn auch die gewichtigste Empfehlung der Studienautorinnen und -autoren der Universität Zürich. Und damit haben sie Recht!
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