Vom Kurzwellendienst zu Social Media – SWI swissinfo.ch ist heute einer der grossen Namen in der internationalen Information
SWI swissinfo.ch feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Aber eigentlich begann alles 1935…
1935 strahlt der Schweizer Kurzwellendienst bereits weltweit das Programm der Schweizer Radios aus. Und die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, die über alle Kontinente verstreut leben, schätzen den Kontakt zu ihrer Heimat und ihren Wurzeln, der durch die Rundfunkübertragungen aus der Schweiz möglich ist. Im Zuge des Zweiten Weltkriegs entstehen die internationalen Schweizer Radioprogramme auf Englisch, Spanisch und Portugiesisch. Programme, die dank ihrer Ausgewogenheit und ihrer Professionalität überall geschätzt sind. Der Begriff «mediale Neutralität» mag in Zusammenhang mit den Kurzwellen entstanden sein – jedenfalls wird die Schweiz damit in Verbindung gebracht, was sehr positiv ist.
Als Schweizer Radio International (SRI) 1978 auf Sendung ging, gab es noch kein Internet
Der Bundesrat anerkennt schliesslich die Bedeutung des Kurzwellendienstes, insbesondere als Mittel, um die Beziehung zur Gemeinde der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer zu pflegen. 1964 beschliesst der Bund diesen Dienst, der ab 1978 SRI heisst, zu unterstützen.
Im heutigen Zeitalter – in einer digitalen und vernetzten Welt – mutet das Jahr 1978 prähistorisch an. Es gibt kein Internet, Willi Ritschard ist Bundespräsident, der Psychiater August Forel ziert die 1000er-Note, Basel-Landschaft führt als erster Kanton die briefliche Stimmabgabe ein und am 24. September stimmt das Schweizer Volk dem Bundesbeschluss über die Gründung des Kantons Jura mit über 80 Prozent zu. Zu dieser Zeit stellt Schweizer Radio International 70 Programmstunden pro Tag in sieben Sprachen zur Verfügung. Das macht den Radiosender nebst englischen, französischen, amerikanischen und deutschen Sendern zu einer der renommiertesten Radiostationen der Welt.
20 Jahre später sieht alles anders aus. In einem geopolitisch komplett veränderten Umfeld gelten internationale Radiosender nicht mehr unbedingt als Stimme der freien Welt. Satelliten ersetzen die Kurzwellendienste, alles wird schneller und Schweizer Radio International sucht nach neuen Wegen. Muss man um jeden Preis an der historischen Aufgabe festhalten, muss man sich dem Fernsehen zuwenden, das zwar äusserst beliebt, aber sehr teuer ist? Zu diesem Zeitpunkt hat das Management von SRI den Mut, auf die Zukunft und das neue Medium zu sezten: das Internet.
Entgegen jeglichem Konservatismus wird 1999 die Internetseite swissinfo.org lanciert
Widerständen, Konservatismus und den üblichen Einzelinteressen zum Trotz erkennt SRI-Direktor Nicolas Lombard, dass der internationale Rundfunk keine Zukunft mehr hat. Mit der Hilfe von Beat Witschi, der von einem Aufenthalt bei CNN in den USA zurückgekehrt ist, und Peter Hufschmid lanciert er swissinfo.org (ab 2014 SWI swissinfo.ch), eine Internetseite, die Bild, Ton und bald auch Video integriert.
Wir zählen das Jahr 1999. In der Schweiz wird die Expo.01 aufs Jahr 2002 verschoben. Dafür findet die «Premiere» der Fête des Vignerons von François Rochaix in Vevey statt. Ruth Dreifuss ist Bundespräsidentin und zum Jahrtausendwechsel lanciert die Télévision suisse romande (TSR) mit ihrer Tagesschau auch ein Internetangebot. Auch dies geschieht gegen grossen Widerstand von innen und aussen. Zu dieser Zeit verfügen nur 34 Prozent der Schweizer Bevölkerung über eine Internetverbindung. Weltweit sind es sogar nur 4 Prozent. Dieses internationale Informationsangebot ist eine grosse Herausforderung für swissinfo.org. Aber dank der Vorreiter aus Bern und Genf ist die SRG beim technologischen Wandel mit von der Partie und kann sogar mit der BBC mithalten. Von da an gibt es kein Halten mehr, alles nimmt seinen Lauf.
Und so ist es geblieben bis heute, dem 20. Jahrestag von swissinfo.ch, aktuell unter der Leitung der talentierten Journalistin und Direktorin Larissa Bieler. Mit 20 Jahren hat man bereits eine gewisse Reife, aber auch noch den Mut, Dinge zu wagen. Und swissinfo.ch hat auf jeden Fall eine vielversprechende Zukunft vor sich. Weil swissinfo.ch mehr als eine Plattform für internationale Informationen in zehn Sprachen ist, unabhängig, anspruchsvoll und präzis. Eine Plattform für alle Schweizerinnen und Schweizer im Ausland, aber auch für alle Ausländerinnen und Ausländer, die sich für die Schweiz, für unsere direkte Demokratie, für unsere Kulturen, unsere Vielfalt und unser Zusammenleben interessieren.
Der Auslandauftrag der SRG ist für die Schweiz essenziell
swissinfo.ch ist noch viel mehr. Die Plattform schafft Gemeinschaften, vereint weltweit all jene, die etwas mit uns gemein haben, die etwas mit der Schweiz gemein haben. Deshalb bedient sich swissinfo.ch aller Kanäle, angefangen mit den Social-Media-Kanälen. Es handelt sich dabei um eine fortschrittliche und moderne Form des Service public, dessen wichtigste Aufgabe es ist, eine immer stärker fragmentierte Gesellschaft zu einen. Bei dieser Gelegenheit gilt es, die Bedeutung des Auslandauftrags der SRG zu betonen.
Heute schauen täglich weltweit 300 Millionen Menschen RTS-Sendungen auf TV5 Monde. Der weltweit führende Vollprogrammsender TV5 Monde strahlt täglich die Westschweizer «Tagesschau» sowie zahlreiche andere RTS-Sendungen aus. Auch die SRF-Programme werden im deutschsprachigen Raum über 3Sat verbreitet. Und tvsvizzera.it bietet ein italienischsprachiges Schweizer Angebot.
Weshalb ist dieser Auftrag so wichtig? Weil unser politisches, wirtschaftliches und kulturelles Leben dank der internationalen Verbreitung der SRG-Programme auf der ganzen Welt sichtbar wird. Und weil die Schweiz so eine Reichweite erlangt, die weit über die Grösse unseres Landes hinausgeht. Das nennt sich «Soft Power» und ist in unserer komplexen Welt, die von einigen Medien- und Politriesen beherrscht wird, von unschätzbarem Wert. Wir müssen diesen Auftrag schützen, dieses für unser Land so wertvolle Know-how.
— Rede von SRG-Generaldirektor Gilles Marchand vom 20. November 2019 anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums von SWI swissinfo.ch —
Schreibe einen Kommentar