Gilles Marchand

Zahlen und Fakten zur SRG

Es wird derzeit viel über den Schweizer Service public geredet, bei uns, in ganz Europa, aber auch in Kanada, wo die Vorstellung, die SRG könnte am 4. März 2018 unwiderruflich begraben werden, für Stirnrunzeln sorgt.

Die abenteuerlichsten Hypothesen machen die Runde. Man könne die Empfangsgebühr ersatzlos streichen und nur die beliebtesten Sendungen behalten. Oder es genüge, auf ein Pay-per-View-Modell zu switchen, und der Fall sei geregelt. Oder die audiovisuelle Produktion liesse sich wie von Zauberhand allein mit Werbung finanzieren.

Magische Sprüche von Zauberlehrlingen, die schlicht und ergreifend nicht funktionieren.  Ein «Ja» zu No Billag am 4. März 2018 bedeutet de facto die rasche Auflösung der SRG und die Einstellung sämtlicher Radio- und Fernsehprogramme, die sie seit mehreren Jahrzehnten in den vier Landessprachen anbietet.

Abgesehen von den 12 000 direkten und indirekten Arbeitsplätzen, die mit der Umsetzung des Initiativtextes verschwinden würden, muss auch von den Kollateralschäden gesprochen werden, die eine Aufgabe der SRG mit sich brächte. Vor allem von den wirtschaftlichen Auswirkungen, die sich mit Zahlen belegen lassen. Das Gesamtbudget der SRG beträgt 1,64 Milliarden Franken. Damit veranstaltet sie 7 TV-Programme, 17 Radioprogramme und betreibt mehrere Websites – alles in vier Sprachen. Zum Vergleich: Die öffentlich-rechtlichen Sender in unseren Nachbarländern, die allesamt einsprachig produzieren, verfügen über ganz andere Budgets: 8,6 Milliarden Euro bei ARD/ZDF, 3,9 Milliarden Euro bei Radio France / France Télévisions und 2,8 Milliarden Euro bei Rai.

Solidarische Finanzierung statt Zwei-Klassen-Medien

Von den 1,64 Milliarden Franken der SRG stammen 1,25 Milliarden aus Empfangsgebühren (über 75%). Kommerzielle Einnahmen machen rund 280 Millionen Franken aus.  Das Institut BAK Economics (vormals BAK Basel) hat berechnet, dass 1 Franken Empfangsgebühr 1.42 Franken Mehrwert für die Schweizer Wirtschaft generiert.

Das Budget der SRG wird mit einem solidarischen Verteilschlüssel den Regionen zugewiesen. Die Deutschschweiz und die rätoromanische Schweiz generieren zusammen 71 Prozent der Einnahmen der SRG (Empfangsgebühren und Werbung), bekommen aber nur 45,5 Prozent der Mittel der SRG. Die Westschweiz trägt 24,5 Prozent der Einnahmen bei und erhält 32,7 Prozent der Mittel. An die italienische Schweiz, die 4,5 Prozent der Einnahmen generiert, gehen 21,8 Prozent. Diese solidarische Finanzierungsart erlaubt es, gleichwertige Leistungen in den drei grossen Sprachregionen des Landes anzubieten, unabhängig ihrer wirtschaftlichen und demografischen Stärke.

Hier berühren wir den Kern des nationalen Zusammenhalts: kein Zwei-Klassen-System beim Medienangebot! Dieses Prinzip wischt die «No Billag»-Initiative leichtfertig vom Tisch.

Regional verankert, 12 000 direkte oder indirekte Arbeitsplätze

Die SRG ist in der ganzen Schweiz präsent, mit Produktionsstandorten in Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich sowie Büros in zahlreichen weiteren Städten.  2860 Mitarbeitende (FTE) sind in der Deutschschweiz tätig, 1560 in der Westschweiz, 1030 in der italienischen und 130 in der rätoromanischen Schweiz. Das sind insgesamt rund 6000 direkte Angestellte, die – mit ihren Familien – in der ganzen Schweiz arbeiten und konsumieren. Dank der Aufträge, die im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der SRG stehen, werden zusätzlich 6000 indirekte Stellen geschaffen. So werden Jahr für Jahr 700 Millionen Franken an Sozialbeiträgen direkt in die lokale Wirtschaft zurückgespült.

Bis 2028 über 900 Millionen Investitionen in der Schweiz

Die SRG pflegt ihr Know-how und ihre Infrastruktur und investiert deshalb stark in die Schweizer Wirtschaft. Eingeplant sind knapp 370 Millionen Franken in den nächsten fünf Jahren im Bereich Technik und Informatik (225 Millionen in der Deutschschweiz, 80 Millionen in der Suisse romande, 55 Millionen in der Svizzera italiana und 10 Millionen in der Svizra rumantscha). Die Investitionen in Immobilien stehen dem in nichts nach: Knapp 560 Millionen Franken sind für die Jahre 2020–2028 in allen Regionen budgetiert (208 Millionen in der Deutschschweiz, 240 Millionen in der Westschweiz, 111 Millionen in der italienischen und eine Million in der rätoromanischen Schweiz). Das sind natürlich Investitionen, die für viele Schweizer Unternehmen äusserst wichtig sind.

90 Prozent der Ausgaben, die bei der Erfüllung des Service-public-Auftrags der SRG anfallen, werden in der Schweiz getätigt, und zwar in den unterschiedlichsten Branchen (AV-Industrie, IT, Film, Bau, Energie usw.). 80 Prozent der Güter und Dienstleistungen kauft die SRG in der Schweiz ein.

Dazu kommt noch ein letzter Aspekt, der in der derzeitigen Debatte zu Unrecht untergeht: Auf dem Spiel steht auch das Ansehen der Schweiz im Ausland. Dank TV5 Monde (mit 354 Millionen angeschlossenen Haushalten!), 3sat und SWI swissinfo.ch ist unser Land auf der internationalen Bühne präsent. Wir zeigen unsere Welt, unsere Landschaften, unsere Erfolge. Das sind wertvolle Trümpfe für den Tourismus, die Finanzbranche und das Schweizer Know-how.

Selbstverständlich ist die Debatte über den audiovisuellen Service public auch eine Debatte über Werte, Programme, über die Grösse und die Koexistenz privater und öffentlicher Akteure in einem winzigen Medienmarkt, der mächtig unter Druck steht. Aber die SRG ist eben auch ein Unternehmen, das die inländische Wirtschaft belebt. Stirbt sie, wären nicht nur 6000 Familien betroffen. Die Folgen des Kahlschlags wären weit gravierender.

Die Zauberlehrlinge von No Billag glauben, dass der Markt auf wundersame Weise diesen Wirtschaftsmotor ersetzt, dass die SRG dank VOD und Werbung ohne Schaden ausgelöscht werden kann. Das ist Hokuspokus, optische Täuschung, reine Illusion. Am 5. März, nach einem Ja zu No Billag, wird es für Klarsicht zu spät sein. Der Sprung in der Optik liesse sich nicht mehr reparieren.

Gilles Marchand

 


Quellen:

  • BAK Basel, Sept. 2016; Volkswirtschaftliche Effekte des gebührenfinanzierten medialen Service public. Eine makroökonomische Wirkungsanalyse im Auftrag des Bundesamts für Kommunikation BAKOM
  • EBU «Funding of Public Service Media 2017», Media Intelligence Services
  • SRG SSR (FuC, HR, MFP 2018–2022, Masterplan Immobilien 2019–2028, interne Analyse «Swissness» Leitung Einkauf SRG 21.6.2016)

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