Gilles Marchand

Die fünfte Schweiz

Auslandschweizer-Kongress / März 2017

Ich möchte Ihnen versichern, dass die Ausstrahlung der Schweiz in die Welt ein Thema ist, das mit sehr am Herzen liegt. Und das sind keine leeren Worte, denn seit Jahren vertrete ich dieses Anliegen: Früher in meiner Arbeit für die Printmedien, dann als Direktor von RTS, dem Radio und Fernsehen der französischsprachigen Schweiz, mit starkem Engagement innerhalb der internationalen französischsprachigen Gemeinschaft. Und dieses Engagement werde ich auch in meiner zukünftigen Tätigkeit in der Generaldirektion der SRG weiterführen.

Es beruht auf einer ganz einfachen Tatsache: Für unser Land ist es von grossem Nutzen, sich auf dem internationalen Parkett Gehör zu verschaffen, seine Realitäten und seine Agenda erklären zu können und seine Interessen zu verteidigen. Dies ist umso wichtiger, als dass die sprachliche Vielfalt unseres Landes und die Tatsache, dass es ein kleines Land ist, nach Vernetzungs- und Einflussmöglichkeiten verlangen.

Diese Möglichkeiten lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: Zunächst ist die starke Gemeinschaft der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer zu nennen, die Sie vertreten. Als Schweizerinnen und Schweizer können Sie erklären, was unser Land ausmacht – überall, wo Sie sich befinden.

Als zweite Möglichkeit bieten sich die von uns vertretenen Medien an, die der ganzen Welt verdeutlichen, wer wir sind, was uns beschäftigt, was auf politischer und wirtschaftlicher Ebene bei uns auf dem Spiel steht, was unsere Kultur ausmacht und wer unsere Künstlerinnen und Künstler sind.

Zusammen verleihen wir dieser multikulturellen, offenen und weltgewandten Schweiz ein Gesicht – einer Schweiz, die trotz ihrer Weltoffenheit ihre Werte und Besonderheiten nicht einfach über Bord wirft. Die Chemie zwischen uns stimmt ganz einfach. Und ich möchte Ihnen an dieser Stelle sagen, dass uns Ihre Bedürfnisse und Interessen am Herzen liegen. Als Schweizer Bürgerinnen und Bürger haben Sie selbstverständlich das Recht auf Zugang zu glaubwürdigen Nachrichten über Ihr Land, auf Dienstleistungen, auf einen möglichst umfassenden Zugriff auf das, was wir unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern anbieten.

Hierfür gehen wir bis an die Grenze – allerdings nur bis an die von Urheberrechten und Standortfaktoren gegebenen Grenzen. Wir engagieren uns an Ihrer Seite und Sie können mir glauben, dass Sie in Peter Schibli, dem Direktor von Swissinfo, einen sehr effizienten Botschafter bei der SRG haben. Zudem können Sie darauf zählen, dass Ihre Argumente bei mir auf fruchtbaren Boden fallen! Derzeit bereiten wir zudem unseren neuen Zusammenarbeitsvertrag vor.

In Zeiten wie diesen, in denen der audiovisuelle Service public auf harte Proben gestellt wird, verteidigen wir zusammen eine sehr wichtige Dimension des Auftrags der SRG: das Mandat für das Ausland. Vor Kurzem ist es uns gelungen, allzu einschneidende Kürzungen seitens des Parlaments zu vermeiden. Zum Glück – für Sie und für uns. Aber damit ist die Schlacht noch nicht geschlagen und wir müssen uns wappnen, um die Qualität des von Ihnen genutzten Angebots zu bewahren.

Aber genug der Theorie, ich möchte dieses Treffen nämlich für eine Bestandesaufnahme nutzen und Sie über das orientieren, was wir auf den Gebieten unternehmen, die Sie interessieren. Meine Damen und Herren, wir legitimieren uns über unsere Produktion und über nichts anderes. Damit komme ich zu unserem wichtigsten Angebot für die fünfte Schweiz, das heisst zu Swissinfo.

Swissinfo wird wie gesagt von Peter Schibli geleitet und auf journalistischer Ebene mit Erfolg und Überzeugung von Larissa Bieler geführt. Swissinfo ist 10-sprachig und verzeichnet 850 000 Einzelbesuche pro Monat, d.h. insgesamt 1 700 000 monatliche Besuche. Swissinfo entwickelt eine äusserst schlagkräftige Strategie in den sozialen Netzwerken, wie über 1 Million Fans auf Facebook belegen!

Swissinfo entschlüsselt das politische Leben in der Schweiz und bietet perfekt ausgewogene Nachrichten. Dies wissen nicht nur die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland zu schätzen, sondern wohl auch die Ausländerinnen und Ausländer, die sich für die Schweiz interessieren.

Vor einigen Monaten hat sich die SRG entschlossen, das Savoir-faire von Swissinfo zu nutzen, um ein neues Online-Angebot aufzubauen, das sich mit der internationalen italienischsprachigen Gemeinschaft befasst.

Bei Tvsvizerra.it handelt es sich um eine Online-Plattform unter der gemeinsamen Leitung von Swissinfo und RSI, die Nachrichten und praktische Informationen zur Schweiz in italienischer Sprache anbietet und dabei Inhalte von RSI, Swissinfo und weiteren Partnern übernimmt. Tvsvizzera.it verzeichnet derzeit pro Monat rund 150 000 Besuche. Grenzüberschreitende Probleme zwischen der Schweiz und Italien kommen hier ebenso zur Sprache wie allgemeinere Fragen, welche allenfalls die italienischsprachigen Schweizerinnen und Schweizer auf der ganzen Welt betreffen.

3Sat spielt in einer anderen redaktionellen und linguistischen Liga.3Sat ist ein grundsätzlich kulturell ausgerichteter Sender, der in einer Koproduktion von SRF, ARD, ZDF und dem ORF den deutschen Sprachraum abdeckt. 3Sat erreicht rund 63 Millionen Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer und bietet jährlich rund 1000 Stunden rein schweizerische Sendungen, die entweder von SRF übernommen oder spezifisch für 3Sat produziert werden.

Nach der deutschsprachigen Welt reisen wir nun mit TV5Monde in die Weiten der frankophonen Regionen. Die Schweiz ist zusammen mit Frankreich, Belgien, Kanada und dem französischsprachigen Afrika Partner von TV5Monde.TV5Monde gehört zu den grössten internationalen Fernsehanstalten und erreicht über 318 Millionen Haushalte in mehr als 200 Ländern. Die Schweiz bietet 6500 Sendestunden auf den 7 Sendern von TV5Monde, die sich den unterschiedlichen Zeitzonen und geographischen Regionen anpassen. In diesem Zusammenhang möchte ich besonders auf 115 Stunden hinweisen, die von französisch synchronisierten Sendungen von RSI bestritten werden. Auch SRF trägt mit 113 Sendestunden zum Angebot bei. Es handelt sich hier um eine Art «internationale Idée suisse», von der Sie sich hier einen Eindruck machen können.

Zum Abschluss dieses audiovisuellen Überblicks noch ein Wort zur Präsenz der Websites auf den Sendern der SRG.

Alle Produktionen, an denen wir die Rechte halten, werden frei zur Verfügung gestellt. Im Allgemeinen sind Übertragungen von Sportveranstaltungen und Spielfilme nicht frei verfügbar, da die entsprechenden Rechte an das Staatsgebiet der Schweiz gebunden sind. Die Sendungen der SRG bieten dennoch eine gute Auswahl. Auch die Fernsehnachrichten lassen sich abrufen, allerdings Thema um Thema, da die Sportbeiträge regional gesperrt werden müssen.

Zusammenfassend möchte ich noch einmal unterstreichen, wie wichtig die von Ihnen vertretene fünfte Schweiz für uns ist, da Sie den Namen der Schweiz in die Welt tragen. Unsere Archive sind nicht nur der physische Standort unserer gemeinsamen Erinnerungen, sondern auch Ausdruck der Verbindungen zwischen uns. Erlauben Sie mir, Sie auf eine sehr originelle Plattform hinzuweisen, die den Namen «Notre Histoire» (Unsere Geschichte) trägt.

«Notre Histoire» ist ein neuartiges Redaktionsprojekt, in dessen Rahmen Sie Ihre persönlichen Archive im Verbund mit den Archiven von RTS, RSI und RTS auf einer einzigen grossen Plattform veröffentlichen können. Hieraus hat sich ein soziales Netz mit 4000 Mitgliedern entwickelt, das auch Ihnen offensteht.

Sie können Dokumente einsehen oder auch direkt Beiträge einstellen. Mit Ihren persönlichen Archiven könnten wir effektiv zusammenarbeiten und spannende Dossiers erstellen, die beispielsweise die weltweite Immigration der Schweizerinnen und Schweizer thematisieren.

Eine schier unglaubliche digitale Revolution erfasst derzeit die audiovisuellen Medien. Dies ist die einschneidendste Revolution seit der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg. Die Medienwelt wird globaler und fragmentierter. Personendaten werden gesammelt und weiterverkauft, Big Data ist überall, überwacht unser Leben und beeinflusst unsere Entscheidungen.

In einem solchen Umfeld ist ein solider, professioneller Service public mit Rechenschaftspflicht gegenüber der Gesellschaft schlicht und einfach unverzichtbar. Damit will ich nicht etwa behaupten, dass die SRG den Alleinanspruch auf Qualität oder auf Beiträge zum Zusammenhalt der Schweiz erheben darf. Sicher nicht – Irren ist menschlich, und auch wir sind nur Menschen. Menschen, die ihre Irrtümer korrigieren. Aber unsere Motivation ist eine andere. Wir haben einen Leistungsauftrag zu erfüllen, wir sollen unser Publikum, nicht unsere Aktionäre, bestmöglich bedienen.

Dies trägt zum Wohl unseres Landes bei, es fördert den Respekt vor der kulturellen Vielfalt der Schweiz und eine gut funktionierende Demokratie. Sofern Sie diese Meinung teilen, bin ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ihr nächstes Jahr bei der Abstimmung über die Abschaffung der gesamten SRG im Rahmen der sogenannten «No Billag-Initiative» Ausdruck verleihen.

 

 

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