Gilles Marchand

Die Gesundheitssendung «36.9°»

Gesundheitsfragen sind äusserst populär. Die Reportagen sowie die klare und präzise Arbeit des Produktionsteams haben die Sendung «36.9°» unter der Leitung von Isabelle Moncada in den letzten zehn Jahren zu einem wahren Publikumsrenner gemacht. Bravo!

Gesundheit geht uns alle an

Gesundheitsfragen sind in mehr als einer Hinsicht spannend: Sie verraten viel über die Soziologie, Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaft und Politik unserer Gesellschaft. Bei genauerem Hinsehen merkt man auch, dass es mehr als einen Berührungspunkt zwischen dem öffentlichen Gesundheitswesen und dem öffentlichen Radio und Fernsehen gibt.

Beide Bereiche lassen niemanden kalt. Jeder weiss schliesslich genau, wie man Menschen pflegen sollte – und jeder weiss auch, wie ein guter Radio- oder Fernsehbeitrag auszusehen hat. Er weiss dies nicht nur, sondern sagt es uns auch, manchmal unverhohlen.

Das Gesundheitswesen und das Radio- und Fernsehangebot stehen im Mittelpunkt der Diskussionen über den Service public, über die Art unseres Zusammenlebens und wie die Schweiz hochwertige Leistungen erbringen kann, ohne eine Region unseres Landes zu benachteiligen. In diesem Zusammenhang liegen unzählige Vorschläge für Public-Private Partnerships vor. Jeder einzelne von ihnen wird genau unter die Lupe genommen.

Leidenschaft und Begabung

In jedem Spital, bei jedem Radio- oder Fernsehsender sind Talente am Werk, die mit grosser Leidenschaft und ausgeprägtem Fachwissen agieren und deren Ego zumindest ihrem Wissen und Können entspricht. Die in beiden Bereichen dringend notwendigen Reformen werden dadurch eher noch komplexer.

Ein komplexes Beziehungsgeflecht prägt sowohl das Gesundheitswesen als auch die Redaktionen: Einerseits gibt es die «Herrscher», die dozieren, operieren, produzieren oder interviewen, und andererseits das «Heer», das Wunden vernäht, Medikamente verschreibt, Aufnahmen macht und diese ausstrahlt. Im Schatten von beiden stehen die unsichtbaren Helfer, die Buch führen, organisieren und die Gemüter beruhigen.

Beide Bereiche – das Gesundheitswesen und die Medien – sind weltoffen, eifrige Nutzer von wissenschaftlichen oder technologischen Innovationen und Netzwerken aller Art. Zugleich aber sind sie fest in der lokalen Wirklichkeit verankert. Diesen Spagat bewältigen beide jeden Tag aufs Neue. Beide sind nicht billig zu haben, sondern benötigen kostenintensive Ausrüstungen, teures Know-how sowie aufwändige Aus- und Weiterbildungen. Zudem verlangt die ganze Mit- und Umwelt pausenlos alles und erhält grundsätzlich auch (fast) alles. Gratis ist dies nicht.

Zu unserem Land gehören selbstverständlich ein funktionierendes, allen zugängliches Gesundheitswesen und gute, unabhängige und vielfältige Medienangebote. Wenn der Service public am Pranger steht, aber niemand bewährte Institutionen zerschlagen will, sollte man zweimal überlegen, ob man den Spatz in der Hand loslässt, um vielleicht eine Taube zu fangen!

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