Gilles Marchand

Die SRG – unverzichtbar mitten im digitalen Umbruch

— Artikel erschienen in den Titeln von CH Media am 24. September 2019 —

 

Die digitale Revolution ist ein Hurrikan, der alle Bereiche erfasst. In der Medienwelt verändert er Nutzerverhalten und Geschäftsmodelle. Und die Entwicklung geht immer noch schneller voran. Insbesondere die Nutzung der Medien verändert sich enorm. 2018 entfielen bereits 50 Prozent der Mediennutzung junger Menschen auf das Internet. Fernsehen bleibt zwar sehr beliebt, wird aber immer seltener live gesehen, ebenso wie das Radio. Und die Leserinnen und Leser wechseln vom Papier zum Bildschirm. Gleichzeitig lösen sich die Grenzen zwischen Audio, Video und Text auf. Die klassische Trennung zwischen dem geschriebenen Wort, Radio und Fernsehen verschwindet, insbesonders auf Online-Plattformen.

Kommt dazu, dass sich die Werbung mit hoher Geschwindigkeit verlagert. In fünf Jahren hat das Internet in der Schweiz 1 Milliarde Franken an Werbeinvestitionen gewonnen, die Presse hingegen hat mehr als 500 Millionen Franken verloren. Auch das Fernsehen ist davon betroffen. Die TV-Werbeeinnahmen der SRG sind in diesem Jahr um mehr als 25 Millionen Franken gesunken. Dies ergibt ein Risiko von 100 Millionen Franken innerhalb der nächsten vier Jahre. Das ist erheblich, wenn man bedenkt, dass die bislang rund 400 Millionen Franken kommerzieller Einnahmen rund ein Viertel des Gesamtbudgets der SRG ausmachen.

Die Finanzierung des öffentlichen Auftrages der SRG ist in diesem Kontext ein Thema, zumal die Radio- und Fernsehabgabe von 450 auf 365 Franken pro Haushalt reduziert und gleichzeitig der Anteil der Gebühreneinnahmen für die SRG gedeckelt wurde.

Die gesellschaftlichen Veränderungen sind tiefgreifend und unumkehrbar. Die SRG reagiert mit einer Doppelstrategie: Einerseits mit der digitalen Entwicklung, aber auch mit Reformen zur Kostensenkung. Andererseits mit einer hohen Qualität, mit Programmen, die sich vom kommerziellen Angebot unterscheiden, um den der SRG übertragenen Auftrag bestmöglich zu erfüllen sowie Publikum und Glaubwürdigkeit zu wahren.

Mit einem im März 2018 gestarteten Reform- und Reinvestitionsplan können bis 2020 100 Millionen Franken eingespart werden und gleichzeitig zusätzliche Mittel für neue Angebote bereitgestellt werden, sowohl für Broadcast als auch für Digital. Die wichtigsten Kostensenkungsmassnahmen sind die Reorganisation der audiovisuellen Produktions- und IT-Ressourcen, die Einstellung der digitalen terrestrischen Verbreitung (DVB-T), die Reduktion der Verwaltungskosten und des Immobilienportfolios der SRG. Auf Angebotsseite werden neue TV-Serien entwickelt, ein multimediales Studio in Basel in Betrieb genommen und ein Nachrichtenzentrum in Zürich eröffnet. Eine neue, nationale digitale Plattform ermöglicht es der SRG ab 2020 zudem, ihre Inhalte thematisch à la carte mit Untertitelung anzubieten.

Diese Anstrengungen der SRG müssen fortgesetzt werden. Für das Jahr 2020 wird aufgrund des Rückgangs der Werbung eine weitere Kostensenkung notwendig sein. Wir werden diese Veränderungen mit grösster Sorgfalt angehen, um unsere Teams bestmöglich zu unterstützen und den Auftrag der Öffentlichkeit vollumfänglich zu erfüllen. Gleichzeitig wird die digitale Entwicklung weitergehen. Unser Ziel ist es, in fünf Jahren gleich viel klassisches, lineares TV-, Radio- und Digital-Angebot im Programm zu haben wie «on Demand».

Der Kurs muss sein, alle Menschen in diesem Land zu erreichen, niemanden zu vergessen und mit Partnerschaften mit anderen Medien eine konstruktive Rolle im Medienökosystem der Schweiz beizubehalten. All die zu treffenden Massnahmen werden unserer Daseinsberechtigung untergeordnet: der Gewährleistung der Qualität des Service public, für den sich die Bürger bei der No-Billag-Abstimmung ausgesprochen haben. Dieser Leistungsauftrag umfasst Informationen in den vier Landessprachen, die auf der Grundlage überprüfter Fakten, der Vielfalt von Standpunkten und Meinungen sowie deren Veranschaulichung erfolgt. Dazu gehören auch Investitionen in das kulturelle Schaffen, die Fähigkeit, Menschen bei Grossveranstaltungen, insbesondere Sportveranstaltungen und Unterhaltungsprogrammen, zusammenzubringen, und natürlich die Verankerung in allen Regionen des Landes.

Im «digitalen Dschungel» wird die SRG auch weiterhin Benchmark und Richtschnur sein. Das Unternehmen wird seinen Wandel in einer vollkommen neuen Medienlandschaft fortsetzen, dies im Rahmen ihres Mandates und einer Finanzierung, die sicherlich weiterhin Gegenstand von Diskussionen sein wird. Denn Service Public geht die ganze Gesellschaft etwas an – mehr denn je.

 

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