Gilles Marchand

Eine neue Allianz für die Francophonie

Wir sind zu neunt.

Neun Sender mit einer gemeinsamen Sprache, gemeinsamen Werten, einer langen Geschichte, nahezu 300 Millionen Zuschauerinnen und Hörern. Wir glauben, eine aussichtsreiche Zukunft in einer digitalen Revolution zu haben, die jede und jeden von uns betrifft.

Es ist mir ein Anliegen, alle Mitglieder dieser grossen französischsprachigen Allianz einzeln zu nennen. Die Liste mit einzigartigen Programmen und grossen Persönlichkeiten, die das französischsprachige Publikum seit Jahrzehnten begleiten, ist beeindruckend: Radio France und ihre grosse Schwester France Télévisions, RTBF, Radio Télévision Suisse, Radio Canada, Télé Québec, TV5Monde, TV5 Québec Canada, France Média Monde mit France 24 und RFI. Die Geschäftsführer dieser öffentlichen Sender trafen sich vor kurzem in Paris, um die Gründung ihres neuen Branchenverbands gebührend zu feiern.

«Les Médias Francophones Publics» (MFP) ging aus der Fusion der 1955 gegründeten «Radios Francophones Publiques» und der «Communautés des télévisions francophones» hervor, die seit 1964 aktiv ist.

Eine grosse Allianz mit drei Stossrichtungen

  1. Allianz von 5500 Journalistinnen und Journalisten

Ihre erste Stossrichtung ist fachlicher Art. Die Mediennutzung befindet sich in einem rapiden Wandel. Da sich Beiträge digital zu jeder Tages- und Nachtzeit beliebig abrufen lassen, lässt sich das Publikum nicht länger Sendezeiten und Programme diktieren. Stattdessen stöbert es nach Lust und Laune in unserem Angebot an Radio- und Fernsehsendungen. Zudem interessiert es sich nicht nur für bestimmte Sender, sondern mindestens ebenso stark für Themen. Daher müssen wir unser Angebot intelligent gestalten und Inhalte für Radio, Fernsehen und Internet gleichermassen bieten. Falls diese strikten Abgrenzungen überhaupt noch einen Sinn haben.

Wir alle befinden uns in einem nicht immer leicht zu bewältigenden Übergang von einer rigiden, analogen und vertikalen Medienwelt in eine transversale und partizipative Digitalwelt. Anpassungen unserer Prozesse und unseres Know-hows drängen sich daher auf.

Radio und Fernsehen haben ihre eigenen Erzählweisen und -rhythmen. Dennoch können sie einiges miteinander teilen und vieles voneinander lernen. Wenn man die überholten Strukturen und das überlieferte Misstrauen beiseitelässt, zeigt sich, dass diese Medien unglaublich viele Gemeinsamkeiten aufweisen: im Dialog mit ihrem Publikum, in der Recherche von Informationen, im Respekt der Vielfalt und als Kulturschaffende.

Als Gemeinschaft von über 5500 Journalistinnen und Journalisten können wir unser Know-how besser pflegen und uns in dieser gleichzeitig fragmentierten und vernetzten Medienlandschaft besser behaupten.

  1. Gegenseitige Nutzung von Beiträgen, Ausbau der Koproduktionen

Unsere zweite Stossrichtung ist pragmatischer und wirtschaftlicher Art. Wir alle stehen unter einem starken finanziellen Druck. Wir alle können nicht auf sichere Einnahmen zählen. Wir alle sind abhängig von den politischen Ereignissen, die unsere Arbeit wahrlich nicht immer einfach machen. Dies ist der Grund, weshalb wir unsere Beiträge häufiger und besser gegenseitig nutzen wollen. Dies ist der Grund, weshalb wir Koproduktionen anstreben. Eine gemeinsame Sprache, vergleichbare Werte und Standorte in verschiedenen Ländern – eine bessere Ausgangslage gibt es fast nicht.

Die Radiosender haben hier interessante Erfahrungen zu bieten, beispielsweise mit der in Frankreich, der Schweiz, Belgien und Kanada ausgestrahlten Serie «La Librairie francophone». Diese Erfahrungen bilden eine Grundlage für neue Ideen und weitere Projekte. Das Fernsehen verfügt mit TV5Monde über einen gemeinsamen Nenner, einen internationalen Sender. Hier besteht sicher noch Potenzial für einen intensiveren Austausch via TV5Monde oder direkt von Sender zu Sender. Zudem stehen unsere digitalen Plattformen der ganzen Welt offen. Auch hier bin ich voll und ganz davon überzeugt, dass wir äusserst innovative Projekte entwickeln und unsere Unternehmen besser mit den Entwicklerinnen und Entwicklern vernetzen können, die diesen neuen digitalen Raum beleben.

  1. Gemeinsame Sprache, gemeinsames Weltbild

Unsere dritte und vielleicht wichtigste Stossrichtung ist kultureller Art. Wir sprechen eine gemeinsame Sprache. Dies ist jedoch nicht alles. Diese Sprache ist auch Ausdruck eines bestimmten Weltbilds, eines bestimmten Ansatzes. Natürlich sind unsere Radio- und Fernsehprogramme tief in ihrer spezifischen soziokulturellen Realität verankert. Sie sind aber auch von einer gemeinsamen Geisteshaltung geprägt, einem kaum in Worte zu fassenden Ansatz, den wir bei unseren Freunden von der englischen BBC, dem deutschen ZDF oder dem finnischen YLE nicht wiederfinden.

Es lohnt sich somit, in dieser neuen, globalisierten Medienlandschaft mit ihren zumeist angelsächsisch orientierten Internetgiganten klar und deutlich gemeinsam die Stimme zu erheben. Auf Französisch, natürlich!

Gilles Marchand, Präsident der MFP

Rede vom 6. April 2016 anlässlich der offiziellen Vorstellung von «Les Médias Francophones Publics»

 

Link: www.lesmediasfrancophones.org

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