Smart Data, Hackathon und Datenjournalismus
Vor kurzem veranstaltete die EBU einen spannenden Workshop zum Thema Big Data und die Folgen für die Medien im Service public. Daraufhin organisierte RTS in Genf einen Hackathon für Journalisten und Softwareentwickler zu einem Thema von trauriger Aktualität: Migration und Flüchtlinge. Eine Gelegenheit zur Bestandesaufnahme in Sachen Datenmanagement und dessen unzähligen Folgen auf professioneller, wirtschaftlicher und ethischer Ebene.
Big Data oder vielmehr «Smart Data» stellt die digitale Gesellschaft vor enorme Herausforderungen. Die Medien des Service public tragen in diesem Zusammenhang eine grosse Verantwortung ethischer und professioneller Art. Zahlreiche Fragen tun sich auf, insbesondere was das Tracking, den Datenjournalismus, die Abgabe von Empfehlungen und den schulischen Bereich angeht.
Für RTS war dies 2015 der Anstoss zur Ausarbeitung und Veröffentlichung einer Vertrauensgarantie, der sogenannten «Charte de confiance». Im Folgenden die Hauptpunkte dieses Engagements:
– transparente und nachhaltige Angaben zur Politik des Unternehmens im Umgang mit Daten,
– Datenerfassung nur mit vorheriger Zustimmung der Nutzerinnen und Nutzer,
– Angebote zum «Opting out» und zur Löschung von Daten,
– Verzicht auf gewerbliche Nutzung ohne vorherige Zustimmung,
– Massnahmen zur Datensicherheit und zum Datenschutz,
– Bereitstellung von relevanten Daten für die Nutzerinnen und Nutzer,
– interessante Medienerfahrungen auch ohne Login-Nutzung,
– Unterstützung und Aufklärung des Publikums.
Datenmanagement bei RTS
Auf den Webseiten von RTS wird das Publikum über die Verwendung von Cookies aufgeklärt. Zudem versuchen wir, die Seiten möglichst trackerfrei zu halten.
Am Rande sei bemerkt, dass das Login «ma rts» schon 2012 lanciert wurde. Bei der Personalisierung dagegen haben wir zugegebenermassen noch keine grossen Fortschritte vorzuweisen, obwohl wir versuchen, unser Publikum und sein Verhalten über die uns zur Verfügung stehenden Daten laufend besser kennenzulernen.
Wir entwickeln interessante Angebote im Datenjournalismus, etwa mit dem jüngsten Dossier zur Entwicklung der Spannungsgebiete in Nordafrika und im Nahen Osten. Das Projekt «Exils» unter Leitung des Journalisten Nicolae Schiau ist ein weiteres Beispiel. RTS bietet aber auch partizipative Erfahrungen oder Informationsdienstleistungen an, beispielsweise die Analyse gebräuchlicher Begriffe und Wendungen. Fragen und Probleme im Zusammenhang mit Big Data werden auch häufig in Radio- und Fernsehsendungen thematisiert. So war RTS zum Beispiel an der Webdoku-Reihe «Do Not Track» als Partnerin beteiligt.
Der Reflexionsprozess hat eben erst begonnen. Noch tun wir uns schwer damit, sämtliche Auswirkungen dieser digitalen Revolution zu verstehen. Eines aber steht fest: Je schneller wir uns mit diesen Problemen befassen, desto besser. Daher hat sich die SRG an der Vertrauensgarantie von RTS ein Beispiel genommen und entwickelt derzeit eine umfassende Unternehmenspolitik zu Big-Data-Fragen.
Es gibt noch viel zu tun. Sicher ist aber auch, dass die in der EBU vereinten öffentlichen Rundfunkveranstalter in Europa wesentlich erfolgreicher sein werden, wenn sie diese Überlegungen gemeinsam anstellen und ihre Erfahrungen miteinander teilen. Und genau hier liegt die Stärke der EBU in Genf.
Gilles Marchand
Links:
–Dossier von RTS Info zur Kartografie von Konflikten
–Karte der in der Westschweiz gebräuchlichen Begriffe und Wendungen
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